Chronik

„Heidelberg, die Stadt in der wir leben“

Lässt man die Entwicklung des Tennissports in Heidelberg Revue passieren, muss man zu dem Ergebnis kommen, dass Tennis zu den Sportarten zählt, die in Heidelberg über Jahrzehnte eine große Rolle spielten. Hierfür ist insbesondere die Geschichte des Heidelberger Tennis-Clubs 1890 e.V. (HTC) ein beredtes Beispiel.

Die intensive Untersuchung eines Mitgliedes des HTC kommt zu der Überzeugung, dass dieser der älteste deutsche Tennisclub ist, da er in der glücklichen Lage ist, seinen ununterbrochenen Bestand während des gesamten Zeitraumes von über 130 Jahren nachweisen zu können. Demgegenüber haben andere Vereine, die zu einer früheren Zeit gegründet wurden, für eine Reihe von Jahren zu bestehen aufgehört und wurden später wieder ins Leben gerufen. Dies trifft zum Beispiel für Vereine wie Bad Homburg, Baden- Baden und Bad Pyrmont zu, deren Gründungsdatum mit 1877, 1881 und 1885 angegeben wird.

Die Gründung des HTC ist zurückzuführen auf die Aktivitäten von Mitgliedern der englischen Kolonie in Heidelberg, die von einheimischen Bürgern unterstützt wurden. So findet sich im Stadtarchiv ein Schreiben vom 2. Juli 1890 an den „hochgeehrten Herrn Oberbürgermeister, in dem mitgeteilt wurde, dass man beabsichtige, am darauffolgenden Tag bei ihm vorzusprechen. Hierbei wurde der Wunsch geäußert, „am oberen Ende des Bismarckplatzes“ (Darmstädter Hof) Tennisplätze zu errichten! Kurze Zeit danach, zu einem nicht mehr genau feststellbaren Datum, wurde der Club gegründet. Am 4. August 1890 erscheint erstmals in den Annalen der verdienstvolle Leiter des Heidelberg-College, der Engländer A.B. Catty, als Vorsitzender.

„130 Jahre Heidelberger Tennis-Club 1890 e.V.“

Das war der Beginn des HTC und gleichzeitig der Startschuss für Tennissport in Heidelberg.

Wenn man über die weitere Entwicklung berichtet, muss man zwei Epochen unterscheiden: zum einen den Zeitraum von 1890 bis zum Ende des 2. Weltkrieges und zum anderen die Zeit ab 1946 bis heute. Für die Zeit bis zum Ende des 2. Weltkrieges stehen nur sehr wenige Informationsquellen zur Verfügung. Tennisanlage Bergstraße_0002 - KopieViele Aktenunterlagen sind den Zeitläufen zum Opfer gefallen, so dass nur die hilfreichen Unterlagen des Stadtarchivs, die Lawn-Tennis- Jahrbücher der Jahre 1894 bis 1913 und die aus Anlass des 60-jährigen Bestehens des Heidelberger Tennis-Clubs von Präsident Dr. h.c. Ernst Walz verfasste Festschrift Auskunft geben können. Den Unterlagen kann entnommen werden, dass bereits in den ersten Jahren Großveranstaltungen auf der Platzanlage des HTC durchgeführt wurden. Hierzu zählte ein sogenanntes „Internationales Tournier“, das bis zum Ausbruch des 1. Weltkrieges stattfand. Infolge der kriegsbedingten Unterbrechung fand allerdings das 25. Jubiläumsturnier des HTC erst im Jahre 1926 statt.

Den Jahrbüchern kann weiter entnommen werden, dass auch die „Akademischen Meisterschaften von Heidelberg“ regelmäßig auf der Platzanlage des HTC, die sich damals an der Werderstraße Tennisanlage Werderstraße_0002befand, ausgespielt wurden. Das gleiche gilt für die Meisterschaften von Baden und für Stadtwettkämpfe. An diesen Turnieren nahmen eine Vielzahl deutscher Spitzenspieler jener Zeit und einzelne spielstarke Vertreter des Auslandes teil.
Die vorgeschilderte Turniertätigkeit – Veranstaltungen von überregionaler Bedeutung – endete im 2. Weltkrieg, womit eine Epoche ihr Ende gefunden hatte.

In den ersten Jahren nach 1945 wurde das Tennisgeschehen in Heidelberg zunächst in erheblichem Umfang vom TC Schwarz-Gelb Heidelberg beherrscht, der sowohl mit seiner 1. Damenmannschaft wie auch mit seiner 1. Herrenmannschaft vielfach den Badischen Meistertitel und die Süddeutsche Meisterschaft erringen konnte. Dies war insbesondere auf die Aktivitäten des äußerst engagierten 1. Vorsitzenden, Herrn Max Berk, zurückzuführen.

Aber auch der HTC war, wie dessen Clubzeitungen wie auch den Presseveröffentlichungen entnommen werden kann, Schauplatz zahlreicher Großveranstaltungen. So fanden noch während der Wiederaufbauarbeiten an der durch Bombenabwürfe total zerstörten neuen Platzanlage am Tennisanlage Tiergarten 1995_NEW - KopieHeidelberger Tiergarten im Jahre 1947 verschiedene Schaukämpfe statt, insbesondere mit spielstarken Amerikanern. Ein Schaukampf mit Gottfried von Cramm, Goepfert u.a. sowie der Schaukampf der Weltklasse-Stars Bobby Riggs, Donald Budge sowie Pauline Betz und Sarah Cooke fanden allerdings nicht auf der Platzanlage des HTC, sondern bei Schwarz-Gelb Heidelberg bzw. auf den Universitätssportplätzen statt.

In den folgenden Jahrzehnten wurden unter der Teilnahme von namhaften Spitzenspielern wiederholt die Badischen Tennismeisterschaften (1947, 1950, 1953, 1959) und 1948 die Deutschen Hochschulmeisterschaften auf der HTC-Anlage ausgerichtet. Es folgten 1954 und 1959 die Tennisländerkämpfe der Damen Deutschland – Italien. Hierbei handelte es sich zweifelsohne um sportliche Großereignisse.

Auf der Platzanlage des HTC wurden in diesen Jahren aber auch die großen Meden-Spiele wie die Badischen Jugendmeisterschaften ausgetragen. Zu diesen Großveranstaltungen sind auch die Vorrunde der großen Henner-Henkel-, der großen Cilly-Aussem- sowie der großen Poensgen-Spiele zu zählen.
Ein echtes Highlight war die Durchführung des Semi-Finales des Galea-Cups, mit dem der HTC aus Anlass seines 80-jährigen Bestehens betraut wurde. Der Galea-Pokal wurde 1950 von der Französin Madame de Galea als eine Art Abbild des Davis-Pokals gestiftet. Spielberechtigt waren Spieler, die innerhalb des Jahres der Austragung ihr 21. Lebensjahr nicht vollenden. Die Austragungsform ist die gleiche wie im Davis-Pokal.

„Traumjahre im Tennis“

Der absolute Höhepunkt im Sportgeschehen des HTC war jedoch die Erfolgsserie der legendären Steffi Graf 19831. Damenmannschaft des HTC in den Jahren 1982 bis 1998. Der HTC hatte bereits in den Nachkriegsjahren eine sehr gute Damenmannschaft mit Spielerinnen wie Yvonne Meister und Karin Seltenreich (Botzke). Mit dem Zugang der damals 12-jährigen Steffi Graf im Jahre 1982, die seit 1986 Ehrenmitglied des HTC ist, wurde anlässlich eines runden Geburtstages des 1. Vorsitzenden des HTC, Dr. Jobst Wellensiek, die Idee geboren, die Mannschaft durch eine Topspielerin noch weiter zu verstärken, um bei der Vergabe des Deutschen Meistertitels ein „Wörtchen“ mitsprechen zu können.

So wurde die Mannschaft mit Hanna Strachanova, damals Nr. 44 der Weltrangliste, verstärkt. Dies führte dazu, dass bereits im Jahre 1982 das Deutsche Endspiel erreicht erreicht wurde, was allerdings 4/5 gegen den TC Reutlingen verloren wurde. Ab dem Jahr 1983 folgte dann aber eine einmalige Erfolgsserie, die dazu führte, dass der HTC in den Jahren 1982 bis 1998 zehnmal Deutscher Meister, fünfmal Deutscher Vizemeister wurde und nur zweimal die Endrunde bzw. das Endspiel nicht erreichte. Ein einmaliger Rekord!

19830925 1. Damen

In diesem Zusammenhang darf nicht vergessen werden der Schaukampf von Steffi Graf gegen Helena Sukova am 22. Mai 1990 aus Anlass der Feier des
100-jährigen Jubiläums des HTC. In der RNZ vom 23./24. Mai 1990 hieß es: „Steffi war da! – Heimspiel für Steffi beim HTC“ –  Heidelberger TC feierte
100. Geburtstag mit 3.000 Gästen.“

So wurde in diesen Jahren – hier kann man wahrlich von Traumjahren im Tennis sprechen – absoluter Spitzensport in Heidelberg geboten und Spitzenspielerinnen wie Steffi Graf, Hanna Strachnova, Mima Jausevec, Helena Sukova, Anke Huber, Eva Pfaff, Barbara Paulus, Karin Botzke, Myriam Kende, Kerstin Haas, Andrea Betzner, Jana Kandarr, Wiltrud Probst, Claudia Porwik und Silke Meier begeisterten bei den Turnieren eine Vielzahl von Zuschauern.

1998 wurde die Damenmannschaft zurückgezogen, da aufgrund des Platzbedarfs der Universität die Platzanlage des HTC vom Tiergarten in das Neuenheimer Feld (Klausenpfad) verlegt und die vorhandene Finanzkraft dafür reserviert werden musste.

„Neuanfang nach Platzverlegung“

Die Stadt Heidelberg stellte nach schwierigen Verhandlungen mit den verschiedenen Interessengruppen ein Gelände zur Verfügung, auf dem im Jahr 2000 die neue, hoch attraktive Anlage eröffnet wurde, welche ein modernes Clubhaus mit öffentlichem Restaurant, eine integrierte 3-Feld Halle und 10 Freiplätze umfasste.

Die Finanzierung wurde durch teilweise großzügigste Spenden und Darlehen der Mitglieder sowie Zuschüssen der Stadt und des Badischen Sportbunds „gestemmt“. Heute ist der HTC nahezu schuldenfrei und steht finanziell auf sicheren Beinen. 2020 hat er rund 800 Mitglieder, davon fast 300 Jugendliche, und der Sportbetrieb umfasst über 20 Mannschaften.

Somit können wir zuversichtlich auf das nächste Jubiläum zugehen.

Jobst Wellensiek / Jochen Landenberger